
Am 5. Mai 2025 begann eine neue Ära im Stadtbus-Verkehr in Saarbrücken: die Saarbahn, der Stadtverkehrs-Betrieb der saarländischen Landeshauptstadt, stellte mit einer Präsentation auf dem Busbetriebshof an der Malstatter Straße ihre ersten fünf Wasserstoffbusse vor. Geliefert hat sie der nordirische Busbauer Wrightbus, sie sind vom Typ „Kite Hydroliner FCEV“.
Saarbrücken ist nicht der erste Betrieb, der in Deutschland Brennstoffzellenbusse dieses Typs von Wrightbus einsetzt. So gingen Im vergangenen November 31 Kite Hydroliner bei der RVK (Regionalverkehr Köln GmbH) in Betrieb, die von den Betriebshöfen in Meckenheim (bei Bonn) und in Hürth aus unterwegs sind. In Meckenheim auf den Linien im verstädterten Großraum Bonn, in Hürth im dortigen Stadtverkehr. Weitere Wagen konnte Wrightbus an die „west Verkehr“ in Geilenkirchen ausliefern. Sie sind bislang die westlichsten Busse dieses Herstellers in Deutschland, denn von Geilenkirchen bis zur niederländischen Grenze sind es nur wenige Kilometer. Die (bislang) östlichsten Wrightbusse in Deutschland laufen in und um Cottbus, wo Verkehrsbetrieb „Cottbus-Verkehr“ gleich 46 dieser Wagen sein Eigen nennt.
Wie kommen Verkehrsbetriebe in „Kontinental-Europa“, wo man auf der rechten Straßenseite fährt, an Busse aus einem Land mit Linksverkehr? Ganz einfach: man schreibt die Lieferung von Wasserstoffbussen aus, und einer der Hersteller, die ein Gebot abgeben, ist Wrightbus aus Ballymena im britischen Nordirland. Die Konditionen des Angebots sind interessant, man sieht sich in Ballymena an, wie Wright seine Busse baut, man überzeugt sich von der Qualität der Fahrzeuge, und man erteilt den Zuschlag.
Dass die Busse ursprünglich für Linksverkehr konstrutiert worden sind, ist kein Problem. Technisch lässt sich derselbe Konstruktionsplan problemlos auch für Rechtsverkehr realisieren … Man sagt seinem Computer einfach, er solle den Konstruktionsplan mal „spiegeln“. Aber auch zu Zeiten, als die Computer noch nicht so weit waren, haben zum Beispiel MAN und Mercedes schon Busse für Linksverkehr beispielsweise nach Großbritannien (Gelenk-Citaro für London) und Australien (MAN SL 200) geliefert.

Die Wrightbusse für Saarbrücken
Die fünf Wagen, die die Saarbahn jetzt vorgestellt hat, sind die ersten aus einem Auftrag über 28 Wagen. Sie trafen am Samstag, dem 03. Mai, vom Werk aus in Saarbrücken ein. Ein Mitarbeiter sagte bei der Vorstellung der Wagen: „Über das Wochenende war Tag- und Nachtarbeit angesagt. Denn wir mussten die Wagen ja noch für die Präsentation fertig machen. Zum Beispiel mussten wir sie noch mit Folien bekleben, damit sie das von uns gewünschte Erscheinungsbild zeigen, wir mussten die Software für die Zielbeschilderung aufspielen …“
Den Abschluss der Präsentation bildete eine Vorführfahrt. Saarbahn-Geschäftsführer Karsten Nagel hatte vorher angekündigt: „Die Wagen sind ganz besonders leise.“ Was sich bei der Probefahrt absolut bestätigte. Der Verfasser setzte sich in den Bereich des Wagens, wo Elektromotoren und Antriebsachse arbeiten. Wenn, dann müsste man doch gerade dort etwas hören! Aber nein, es gab so gut wie nichts „auf die Ohren“. Demensprechend sagte Nagel denn auch: „Mit diesen Bussen machen wir den Verkehr in unserer Stadt leiser. Wenn wir nur noch Busse mit Elektroantrieb haben werden, wird der städtische Busverkehr viel leiser sein. Wir tun also was für unsere Stadt.“
Für die 28 Wasserstoffbusse und den Bau der Wasserstoff-Tankstelle werden 28 Millionen Euro investiert. Das „Bundesministerium für Digitales und Verkehr“ – das es unter der neuen Bundesregierung so nicht mehr geben wird, dann haben wir wieder ein „Verkehrsministerium“, das sich auch nur um den Verkehr kümmern wird – hat die Maßnahme im Rahmen der „Richtlinie zur Förderung alternativer Antriebe von Bussen im Personenverkehr“ mit 11,1 Millionen Euro gefördert.
Die Wasserstofftankstelle auf dem Betriebshof
Und weil wir schon bei der Wasserstofftankstelle sind: sie wird auf dem Betriebshof entstehen. Da die Saarbahn bis vor kurzem noch Erdgasbusse gehabt hat, gibt es dort zurzeit noch eine Erdgastankstelle. Die wird jetzt abgebaut, an ihre Stelle kommt die Wasserstofftankstelle. Geschäftsführer Nagel: „Wir haben keine Erdgasbusse mehr, diese Technik hat sich bei uns nicht bewährt.“ Interessant: Nachbarbetrieb Forbus aus der unmittelbar angrenzenden französischen Nachbarstadt Forbach, mit dem zusammen man die städteverbindende Linie 30 bedient, fährt (noch ?) mit Erdgasbussen.

Grüner Wasserstoff aus dem Windpark Freisen
Der Wasserstoff, den Saarbrückens „Hydroliner“ tanken werden, wird in einem Elektrolyseur im größten Windpark des Saarlands in Freisen erzeugt werden. Da Windenergie den Strom zu seiner Herstellung liefert, wird er „grüner Wasserstoff“ sein. Was bedeutet, dass beim Herstellen des Wasserstoffs keinerlei Schadstoffe entstehen. Petra Berg, die Verkehrsministerin des Saarlands, bei der Vorstellung der Busse: „ Es war uns nicht nur wichtig, dass die Busse einschließlich der Produktion des Wasserstoffs vollkommen abgasfrei (unterwegs) sind, sonderrn auch, dass der Wasserstoff aus unserem eigenen Land kommt.“
Bis zur Fertigstellung des Elektrolyseurs in Freisen wird der Wasserstoff mit Tanklastwagen von externen Partnern angeliefert.
Zum „Kite Hydroliner“
Saarbrückens neue Wasserstoffbusse sind 11.667 mm lang, 2.520 mm breit und 3.380 mm hoch. Ihre beiden doppeltbreiten Türen finden sich vorne beim Fahrer und in der Mitte des Wagens. Der Wagen kann 90 Fahrgäste mitnehmen, die Sitzplätze hat der deutsche Lieferant Kiel beigesteuert. Für Passagiere, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, Eltern mit Kinderwagen oder ähnliche Fahrgäste gibt es an der Mitteltür eine ausklappbare Rampe.









Die Brennstoffzelle vom Typ „FC move“ liefert der canadische Hersteller Ballard. Sie befindet sich auf dem Dach über dem Heck des Busses und verleht ihm nach Auskunft der Saarbahn eine Reichweite von 350 Kilometern. Geschäftsführer Nagel: „Dabei ist zu bedenken, dass es hier an der Saar alles andere als eben zugeht. Und bei der Bergfahrt verbraucht ein Bus eben mehr. In der Ebene im norddeutschen Flachland könnte ein Bus mehr Kilometer erreichen.“
Über der Mitteltür liegen auf dem Dach fünf Druckflaschen für 40 Kilogramm Wasserstoff, die bei einem Druck von 350 bar gespeichert werden. Das sind also pro Druckflasche 8 Kilogramm Wasserstoff. Bei einer Reichweite von 350 Kilometern bedeutet das einen Verbrauch von 9,1 Kilogramm Wasserstoff auf 100 Kilometer. Die völlig leeren Druckflaschen zu betanken dauert nach Auskunft von Wrightbus acht Minuten – und ist damit der Tankdauer eines Dieselbusses vergleichbar.
Die Pufferbatterie hat eine Kapazität von 54 kWh, sie stammt von Microvast und hat ihren Platz auf dem Dach über dem Fahrerplatz.
Beide Achsen kommen vom deutschen Hersteller ZF. Als Vorderachse kommt die „RL 82 EC“ mit Einzelrad-Aufhängung zum Einbau, als Antriebsachse die „AV 133“, eine Elektro-Portalachse. Sie bietet eine Durchgangshöhe von nur 405 mm über der Fahrbahn. Díe Antriebsenergie des Busses entsteht in zwei kompakten, hochtourigen und flüssigkeitsgekühlten Asynchronmotoren an den linken und rechten Hinterrädern, sie leisten zusammen 260 kW (was beachtlichen 354 PS entspricht). Da muss man keine Sorge haben, dass der Bus sich am Berg schwer tun könnte.
Erste Aufgaben für die neuen Wasserstoffbusse
Saarbrückens Fahrgäste werden sich noch ein klein bisschen gedulden müssen, bevor sie mit den neuen Wrightbus Kite Hydroliner FCEV mitfahren können. Zunächst einmal gehen sie jetzt in eine Phase, in der die Saarbahn sie selber noch gründlicher testen will, und in die Schulung der Fahrer. Denn ein Bus mit Elektromotor sollte etwas anders gefahren werden als ein Dieselbus. Sind Sie mit einem Dieselbus unterwegs, sollten Sie im Interesse eines geringen Kraftstoffverbrauchs den Wagen möglichst ruhig ausrollen lassen, wenn sie zum Beispiel an eine rote Ampel kommen. Bei einem Bus mit Elektromotor ist das denn doch anders: er soll ja durch Rekuperation möglichst viel Strom zurückgewinnen. Also lieber etwas stärker vor der roten Ampel bremsen … Damit muss der Fahrer sich etwas vertraut machen – auch und gerade wenn er jetzt natürlich keine abrupten Bremsmanöver vornehmen sollte.
In den regulären Linieneinsatz sollen die Wasserstoffbusse mit dem Ende der saarländischen Sommerferien gehen.

Saarbahn: wir sind technologie-offen
Zum Abschluss der Präsentation der neuen Wasserstoff-Busse wies die Saarbahn allerdings doch darauf hin, dass man technologie-offen sei. So soll es nicht nur Busse mit Antrieb aus einer Wasserstoff-Brennstoffzelle geben – gedacht wird vorerst an etwa 60 Wagen – sondern auch an Elektrobusse mit Batterie als alleiniger Antriebsquelle. Geschäftführer Nagel: „In einer Stadt mit der Topographie Saarbrückens gibt es Linien, die eignen sich besssr für Busse mit Brennstoffzelle, und andere, auf denen der batterie-elektrische Bus die sinnvoillere Wahl ist.“
Zur Auftragslage bei Wrightbus
Und Wrightbus, der Hersteller der neuen Sarrbrückener Wasserstoffbusse, teilt mit, dass er aus Deutschland schon so viele Aufträge habe, dass es zum Jahresende bereits 160 Busse von Wright in Deutschland geben werde.
